Management von Prozessen
Paul.Bayer am 17. May 2009 um 11:37Viele Unternehmen sehen zur Zeit, dass sie stark an den Bedürfnissen ihrer Kunden vorbei gehandelt haben. Viel von dem, was in den letzten Jahren abgesetzt werden konnte, war kreditfinanziert. Und die Banken haben Kredite vergeben und eine Nachfrage nach Krediten erzeugt, die nur wenig durch reale Bedürfnisse und belastbare Zahlungsfähigkeit gedeckt war.
Ist es daher übertrieben zu sagen, dass der Weg aus der Krise darin bestehen muss, die Kundenbedürfnisse und die Aktivitäten der Unternehmen wieder stärker in Einklang zu bringen? Eigentlich wissen wir ja, dass diejenigen Unternehmen langfristig am erfolgreichsten sind, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen ihren Kunden am meisten Nutzen bringen. Warum dann ist die Kundenorientierung eher ein Lippenbekenntnis? Warum kommt der Kunde erst an zweiter Stelle, als notwendige Bedingung, um Geld zu machen? Warum opferten viele Unternehmen langfristige Kundenbindung kurzfristigen Profitinteressen?
Die meisten Unternehmen sind funktional organisiert. Die meisten Mitarbeiter und Manager in den Silos bekommen den Endkunden nie zu Gesicht. Die Silos beschäftigen sich mehr mit sich selbst und mit ihren Eigeninteressen als mit ihren Geschäftsprozessen. Verschwendung ist hier Trumpf.
Prozessorganisation als Ausweg
Wenige exzellente Unternehmen zeigen, dass sie sich wesentlich stärker am Kundennutzen orientieren. Sie begreifen ihre Arbeit als Geschäftsprozesse, um dem Kunden Nutzen zu bringen. Dadurch erzeugen sie Wert. Wertschöpfung bedeutet, das Unternehmen an diesem Ziel auszurichten [1]:
Aha, plötzlich wird die Sache einfach, jeder Manager und Mitarbeiter versteht seine Rolle, seinen Beitrag für das Unternehmen und für den Kundennutzen. Aber die wenigsten Unternehmen sind diesen Schritt gegangen. Warum ist das so? Wenn das Topmanagement nicht selbst den Kundennutzen an die erste Stelle stellt, besteht keine Veranlassung, diesen Schritt wirklich zu gehen und die Organisation danach auszurichten.
Von der Aufbau- zur Prozessorganisation
Schmelzer und Sesselmann beschreiben einen praxiserprobten Weg [2]:
Der Weg zur Prozessorganisation führt über die Matrix-Prozessorganisation, in der die Geschäftsprozesse ausgewiesen sind und die Prozess- gegenüber den Funktionsverantwortlichen gestärkt sind. Die Funktionsverantwortlichen stellen ihre Ressourcen und Leistungen den Geschäftsprozessen zur Verfügung und handeln in ihrem Auftrag. Schmelzer und Sesselmann schlagen vor, die Matrix-Prozessorganisation zeitlich zu befristen, um dann zur reinen Prozessorganisation überzugehen.
Sie nennen als Vorteile der reinen Prozessorganisation unter anderem:
- strategiekonforme Organisationsstruktur,
- stärkere Kundenorientierung im gesamten Unternehmen,
- Effizienzgewinne durch Abbau von Hierarchien und Schnittstellen,
- geringere Koordinierungsaufwände,
- höhere Leistungstransparenz,
- flexibles Reagieren auf Veränderungen.
Als Nachteil nennen sie die Widerstände des mittleren Managements beim Umsetzen dieser Organisation.
Aber gibt es zu diesem Weg wirklich eine Alternative? Die Organisationen, die es schaffen, umzudenken und sich neu aufzustellen, gewinnen an Lebensfähigkeit und erhöhen ihre Zukunftsaussichten. Sollen wir die Zukunft kurzfristigen Machtinteressen opfern? Wer will das verantworten?
am 24. May 2009 um 13:41 Uhr.
Hallo. Schön zu sehen dass Sie nach längerer Pause wieder bloggen. Ihrer These hier im Post kann ich nicht widersprechen. Ich würde das Pferd fast von der anderen Seite aufzäumen. Selbst gerade im Gründungsprozess ergänze ich meine Leistungen nachfragebedingt durch externe kräfte. meine Lieferanten und ich bilden ein Netzwerk, und jeder der Lieferanten hat wiederum ein Netzwerk, das sich je nach nachgefragter Dienstleistungen situationsbedingt organisiert und ein Produkt ausliefert.
Dazu habe ich vorhin auch einen anderen Post gelesen http://tinyurl.com/pzjumz Aus meiner Sicht verschieben sich die Gewichte immer mehr situationsbedingten Prozessstrukturen, die unterstützt werden durch leistungsfähige kollaborative Software wie Wikis.
Mit anderen Worten zugespitzt gefragt: erledigt sich das Problem nicht von allein? Viele Grüße aus München
P.S. Ich frage aus persönlicher Leidenschaft für die Themen “Prozesse” und “Wikis”: verbinden sie beides miteinander? Können Sie Wikis nutzen im Prozessmanagement?
am 24. May 2009 um 16:32 Uhr.
Hallo Ludwig,
vielen Dank für Ihre Erweiterungen. Die Prozessorganisation ist einfach ein Weg, wie die Unternehmen wieder organischer, agiler, flexibler … und damit lebensfähiger werden können, sie erlaubt es auch, sich besser mit anderen zu vernetzen.
Ja, ich glaube auch, dass sich das Thema „von alleine erledigen wird“, wenn die Unternehmen diesen Weg nicht gehen und dass die derzeitigen Aufbauorganisationen nicht lebensfähig weil nicht kundengerecht sind.
Momentan haben sich ja einige große Softwarehäuser das Thema BPM auf die Fahnen geschrieben und kreieren übermäßig aufwändige IT-Infrastrukturen, mit denen sie das Prozessmanagement unterstützen wollen. Ich glaube nicht, dass diese Ansätze einfach und kollaborativ genug sind. Noch kenne ich da keine Kombination mit Wikis. Wikis sind für die Prozessdokumentation durchaus ein Ansatz.
Herzliche Grüße,
Paul