Ebenen der Problemlösung
Paul.Bayer am 23. October 2007 um 21:15Genrich Altschuller, der geniale Schöpfer der TRIZ (Theorie der erfinderischen Problemlösung), analysierte und klassifizierte tausende von Erfindungen (Patenten) und fand dabei, dass er sie durch fünf Stufen der Kreativität beschreiben konnte [1, 2]:
Stufen | Beschreibung | Trials |
Stufe 5: Grosse Erfindungen Anteil < 0,3% |
Diese Erfindungen erzeugen vollkommen neue technische Systeme und Designs. Dafür muss man erst eine neue Entdeckung machen und kann dann auf der Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse das erfinderische Problem lösen. | 104-105… |
Stufe 4: Makroerfindungen Anteil < 4% |
Sie bilden neue technische Systeme, meist durch die Lösung technischer Widersprüche der Vorläufersysteme. Die Probleme der Vorgänger mussten mit Hilfe von Methoden aus einem anderen Wissenschaftsgebiet gelöst werden (z.B. wurde ein mechanisches Problem mit Hilfe chemischer Prinzipien gelöst). | 103 – 104 |
Stufe 3: Durchschnittliche Erfindungen Anteil 19% |
Das Problem und die Lösungsmethode gehören zu demselben Wissensgebiet. Sie verändern ein Systemelement, oft unter Zuhilfenahme verschiedener physikalischer Effekte, durch trickreiche Methoden oder durch geschicktes Anwenden bekannter physikalischer Phänomene. | 102 – 103 |
Stufe 2: Gewöhnliche Erfindungen Anteil 45% |
Das Problem wurde mit in der Technologie bekannten Methoden gelöst. Die Lösung ist aber nicht für jedermann ersichtlich. Ein Spezialist, der nichts von erfinderischer Problemlösung versteht, könnte nach einigen Dutzend ergebnisloser Versuche aufgeben. | 10 – 102 |
Stufe 1: Mikroerfindungen Anteil 32% |
Lösungen auf dieser Stufe gelingen jedem Spezialisten und oft auch Fachfremden. Sie sind trivial und erfordern nicht das Lösen von Widersprüchen. Die Probleme und Lösungsmethoden gehören zu einem Fachgebiet. | 1 – 10 |
Die Schwierigkeitsgrade der Lösungen wurden von Altschuller durch die Anzahl der nötigen Versuche nach der Trial & Error-Methode charakterisiert. Bereits auf Stufe 2 erfordern die Probleme eine systematische Vorgehensweise und können durch bloßes Probieren und Raten nicht mehr gelöst werden.
Altschullers Tabelle sagt uns aber auch, dass die meisten technischen Probleme (95%) nicht allzu kompliziert sind und durch sauberes systematisches und methodisches Vorgehen im Team gelöst werden können. Expertenanwendungen wie das Auflösen technischer Widersprüche (z.B. mit TRIZ) oder ihr Ausbalancieren z.B. mit Hilfe statistischer Methoden (Six Sigma …) sind nur in 4% der Fälle wirklich erforderlich [3].
Der Fokus auf die Grundlagen
Problemlösung gehört zu jedem technischen System. Jede Veränderung an einem System erzeugt Probleme, die gelöst werden müssen. Wenn wir unsere Produktionssysteme (ständig) verbessern wollen, müssen wir die dabei entstehenden Probleme lösen können. Effiziente und wirksame Problemlösung ist aber auch erforderlich, um ein System überhaupt auf einen stabilen Zustand zu bringen und dort zu halten. Altschullers Beobachtung sagt uns:
- 32% der entstehenden Probleme könnten sofort (on the spot) gelöst werden,
- 45% können von gut trainierten Mitarbeitern im Team vor Ort gelöst werden,
- 19% erfordern umfangreichere Experimente, Unterstützung durch weitere Fachleute, systematische Bearbeitung,
- Der Rest erfordert spezielle Vorgehensweisen, Experten usw.
Sehe ich das falsch? Müssen wir nicht erst die einfachen Sachen erledigen bevor wir uns an die komplizierten wagen? Wo setzen wir unsere Schwerpunkte? Wie erzeugen wir eine Problemlösekultur, die 80 bzw. 95% der Probleme wirksam und nachhaltig bearbeitet? (Wenn wir das schaffen, sind die restlichen 4% auch kein Problem mehr.)
Basisstabilität
Bei wandelweb.de (nicht nur da ) lege ich viel Schwerpunkt auf Gemba (vor Ort) und die Basics: Hingehen und Schauen, Fehler simulieren, einfache Visualisierung, 5 Warum, 5S … Grundlegende Stabilität ist Voraussetzung für Verbesserung. Um sie zu erreichen, müssen wir erst unsere Hausaufgaben machen, wieder und wieder.