Isn’t It Obvious?

Paul.Bayer am 21. November 2009 um 17:12

Mit seinem neuen Buch hat sich Goldratt einmal mehr einer Herausforderung gestellt: kann man die Lösung der Theory of Constraints für den Handel in Form eines spannenden Business­romans nur mit gesundem Menschenverstand aus einer Alltags­situation heraus entwickeln?

Ich muss sagen, das ist ihm erstaunlich gut gelungen. Auf dem Rückflug von der TOCICO Konferenz in Tokio habe ich das Buch fast in einem Zug durchgelesen. Es tat der Spannung keinen Abbruch, dass uns Eli Goldratt seine Hauptbot­schaften in Tokio schon verraten hatte.

Die Story

Paul, der Hauptakteur des Romans ist Geschäftsführer eines Geschäfts für Heim­textilien nahe Miami. Er ist mit Caroline, der Einkaufsmanagerin der Handelskette verheiratet, der Tochter des Patrons der Kette, der sich bald in den Ruhestand zurückziehen will. Der Sohn des Eigners ist Investmentmanager und nicht im Unternehmen geblieben. Paul möchte sich die Sporen im Unternehmen selbst verdienen und hatte bereits verschiedene Positionen. Aber jetzt als Manager im Einzelhandel, im Kerngeschäft der Kette läuft es nicht so wie er sich das gewünscht hätte, und er hat keine Idee, wie er die Lage verbessern könnte.

In dieser Situation gibt es einen Wasserrohrbruch im Warenlager des Geschäfts und Paul kann das Lager für mehrere Wochen nicht nutzen. Er findet Hilfe von Rob, dem Manager des regionalen Vertriebszentrums, der ihn übergangsweise täglich mit Einzelpositionen beliefert. Die Bestände im Geschäft werden von zwei Monaten auf durchschnittlich 20 Tage reduziert. Durch die tägliche Belieferung reduzieren sich Fehlbestände, steigen die Verkäufe, die Umschlagshäufigkeit und die finanzielle Performance des Geschäfts. Pauls Geschäft zeigt bald die beste Leistung der ganzen Kette.

Der entscheidende Punkt kommt, als die Wasserleitung wieder repariert ist. Weil Paul die Ursachen der Performancesteigerung analysiert, füllt er sein Lager nicht wieder auf, sondern baut die Lösung für seinen Shop noch aus. Es gelingt ihm, die anderen Manager der Region von der Lösung zu überzeugen. Schließlich wird die Lösung in der ganzen Handelskette ausgebreitet usw. usw.

Die Botschaften

Die folgenden Punkte hat Eli Goldratt als die Kernbotschaften seines Buches bezeichnet:

  1. Das Buch beschreibt die vollständige TOC-Lösung für den Handel.
  2. Man kann das formelle nicht vom informellen Informationssystem trennen. Beide bestimmen, was in einem Unternehmen passiert. Paul ist beim Finden von Lösungen hauptsächlich auf das informelle System angewiesen.
  3. Das größte Hindernis für Performancesteigerung ist, dass wir das Ziel zu niedrig setzen. Je weiter du springst, desto weiter lernst Du zu springen. Der letzte Satz des Buches lautet: „Sogar der Himmel ist nicht die Grenze.“
  4. Wir sind alle phantastische Erfinder, aber wir erkennen das nicht. In Notfallsituationen befolgen wir die Regeln nicht. Wenn die Notsituation bewältigt ist, bemerken wir nicht, dass wir eine große Erfindung gemacht haben. Schließlich haben wir einen Weg gefunden, so stark, dass er die Notfallsituation überwinden konnte. Unser Sicherheits­denken ist so stark, dass wir diese Lösung meist wegwerfen und zum Normalbetrieb zurück­gehen. Wenn wir aber wirkliche Verbesserungen erreichen wollen, müssen wir diese Erfindungen erkennen und nutzen.
  5. Um eine Organisation zu verändern, ist es möglich bottom-up vorzugehen, und zwar ebenso schnell wie top-down. Das ist dann möglich, wenn an der Basis der Organisation – so wie im Handel – Gliederungen sind, die direkt mit der externen Welt in Verbindung stehen. In allen anderen Fällen führt bottom-up-Verbesserung zu überschüssiger Kapazität, die die Wirkungen der Verbesserung aushebelt.
  6. Die wichtigste Botschaft handelt davon, dass Menschen und Organisationen durch fehlerhafte Denkmuster blockiert werden, Verbesserungspotenziale zu erkennen und umzusetzen. Diese Muster werden oft durch Verteidigungs­mechanismen erzeugt.

    Zunächst muss man sich mit seinen eigenen fehlerhaften Denkmustern auseinandersetzen. Um Widerstände bei anderen abzubauen, muss man den Leuten zeigen, dass diese Muster fehlerhaft sind, zunächst in der Hierarchie unter dir, dann bei deinen Kollegen, dann bei den Vorgesetzten. Verschiedene Hierarchieebenen und Funktionen haben unterschiedliche Muster und verschiedene Gründe für Widerstand. Man muss sie jeweils herausfinden und offenlegen. Mit diesem Buch möchte Goldratt zeigen, wie das geht.

  7. Eli Goldratt sagt: „Isn’t It Obvious“ bedeutet nicht, dass etwas von vorneherein klar ist. Er spricht von der Reaktion, wenn etwas klar wird. Es kann manchmal ganz schön schwierig sein, einfache Dinge herauszufinden.

    Nachtrag 24.11.2009:
    Clarke Ching hat ein Interview mit Eli Goldratt über das Buch als Podcast.

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