Fukudas Parabel
Paul.Bayer am 8. February 2008 um 09:00Ryuji Fukuda, einer der bekannteren japanischen Unternehmensberater zur schlanken Produktion erläuterte Veränderungsprozesse mit Hilfe einer Parabel [1]. Er verglich die Veränderung einer Organisation zu etwas Neuem mit einer Bootsfahrt zu einem anderen Ufer:
Fukuda rät dazu, die Bootsfahrt mit den Ruderern zu beginnen, die Zuseher mit ins Boot zu nehmen und die Nörgler zu ignorieren, sie da zu lassen, wo sie sind und wo sie bleiben wollen. Er rät dazu, das Boot in Bewegung zu bringen, weil sonst Gefahr besteht, dass es von den Nörglern torpediert wird. Wenn der Plan gut ist und das Boot vorankommt, wird die Stimme der Nörgler schwächer werden und der eine oder andere Zuseher wird auch ein Ruder übernehmen.
Was man unbedingt vermeiden sollte
Die Ruderer sollten nicht versuchen, die Nörgler ins Boot zu holen. Dadurch verbrauchen sie diejenige Energie, die sie zum Rudern brauchen. Wenn ihre Energie für die Veränderung schwächer wird, weil sie einen Teil von ihr für die Nörgler aufwenden, ist es für sie schwieriger, die Zuseher an Bord zu behalten oder zum Rudern zu bewegen. Die Zuseher kommen zum Schluss, dass die Veränderung nichts bringt und schliessen sich nicht den Ruderern sondern den Nörglern an. Die Veränderung und die Ruderer verlieren zusehends an Energie, die Ruderer bekommen Selbstzweifel, die Zuseher verlassen das Boot. Die Nörgler haben gewonnen.
Die Kraft der Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit ist Energie. Den Nörglern Aufmerksamkeit zu schenken, entzieht den Ruderern Energie und führt den Nörglern Energie zu. Kein Wunder, dass sich die Zuseher zu den Nörglern gesellen. Sie wollen auch Zuwendung geniessen. Umgekehrt, wenn wir uns auf die Veränderung konzentrieren, führen wir der Veränderung Energie zu. Man kann Zuwendung erlangen, wenn man aktiv an der Veränderung teilnimmt. Die Ruderer können durch ihr Verhalten beeinflussen, wie sich die Zuseher entscheiden. Die Kraft der Aufmerksamkeit auf eine erfolgreiche Veränderung kann sogar dafür sorgen, dass der eine oder andere Nörgler schließlich mit ins Boot kommt.
Nachtrag
Das ist ein Fehler, den wir in Deutschland, dem Land der Bedenkenträger zu oft machen: zu viel den Nörglern zuzuhören. Vielmehr sollten wir Initiativen und Experimente fördern, das Boot in Bewegung bringen, lernen … Denn Ruderer gibt es auch bei uns.
am 8. February 2008 um 15:51 Uhr.
Was ich in obiger Parabel vermisse, ist die Beachtung der 80% Zuseher. Nörgler links liegen zu lassen, ist völlig richtig. Folgten wir dem Pareto-Prinzip, müssten die Anstrengungen ja dahin gehen, mindestens 10% der Zuseher in die Gruppe der Ruderer zu gewinnen, so dass die kleine Gruppe der Nörgler keine grosse Wirkung mehr entfalten kann.
[...] die Zuseher an Bord zu behalten [...]
Sitzen die Zuseher schon im Boot? Dann hätten wir natürlich eine etwas andere Ausgangslage, um sie zum Rudern zu bewegen.
Sagte Fukuda eigentlich auch etwas über eine Methode, wie wir die Zuseher ins Boot und zum Rudern zu bringen können?
am 8. February 2008 um 18:24 Uhr.
Hallo Herr Zischke,
ja, wenn genügend Führungskräfte unter den Ruderern sind, sitzen die Zuseher zunächst mit im Boot. Wenn die Ruderer sich dann aber mehr den Nörglern ausserhalb des Bootes zuwenden, um sie auch zum Einsteigen zu bewegen statt sich aufs Rudern zu konzentrieren, werden die Zuseher ebenfalls das Boot verlassen und sich zu den Nörglern gesellen, weil sie ebenfalls Zuwendung erfahren wollen. Falls die Ruderer erst ablegen wollen, wenn sie alle Nörgler mit an Bord haben, wird das Boot nie ablegen. Fukuda meint mit seiner Parabel, dass die Ruderer sich um die (stillen) Zuseher kümmern sollten (sie mitnehmen) und keinesfalls um die (lauten) Nörgler.
Die Zuseher werden zunehmend anfangen mitzurudern, wenn sie sehen, a) dass die Ruderer sich um sie kümmern, b) dass die Position der Nörgler zunehmend schwächer wird und c) dass sie durch Mitrudern weitere Zuwendung und Vorteile erfahren können. Das ist die „Kraft der Aufmerksamkeit“, die auch als Hawthorne-Effekt bezeichnet wird.
Viele Grüsse,
Paul Bayer
am 9. February 2008 um 23:15 Uhr.
Hallo Paul,
vielen Dank für die gute Story:-)
Als Ruderer (ist schon eine Weile her) kann ich die Parabel gut nachvollziehen. Problematisch wird es nur, wenn ein Nörgler -clevererweise- mit im Boot sitzt (z.B. kraft seines Amtes) und das Ablegen und die Fahrt von innen heraus torpediert:-(
Hier müssen die restlichen Ruderer (die Begeisterten) zusammenhalten und durch Aktion und Ergebnisse, den im Boot sitzenden Nörgler mit den “schlagenden” Argumenten überzeugen. Der Rest ist dann -relativ- einfach, denn die restlichen Nörgler lassen sich einfacher von einem der “Ihren” ins Boot holen. Hier geht es auch um das Thema “Gesicht verlieren”, denn Nörgler werden sich schwerlich von den Begeisterten ins Boot holen und von der Sache überzeugen lassen (schon aus Prinzip nicht! Denn von Untergebenen -das sind ja meist die Begeisterten, denn sie profitieren von der Bootsfahrt am meisten- lassen sich Höhergestellte -leider;-(- selten auf direktem Wege überzeugen).
Alles in allem zeigt diese Parabel, dass Veränderungsprozesse recht komplizierte zwischenmenschliche Konstellationen berücksichtigen muss, die im Eifer des Gefechts (im richtigen Leben werden bekanntlich stets Rennen gefahren! Da hat man einfach keine Zeit, das Team nachhaltig auf Kurs zu bringen).
Soweit meine Gedanken zur Geschichte und der Verbindung mit der Realität.
Bin auf weitere Kommentare gespannt.
Schöne Grüße
Ralf
am 10. April 2008 um 07:01 Uhr.
[...] Die Herausforderung liegt also darin, speziell dieser Personengruppe zu vermitteln, welche Chance gerade sie mit dieser Software haben kann. Keine leichte [...]
am 7. June 2008 um 13:48 Uhr.
[...] der Veränderungsbereitschaft erklären, wie sie Paul Bayer in “Fukudas Parabel” anschaulich dargestellt hat: Teams würden sich generell grob einteilen lassen in 10% [...]