Efrats Wolke
Paul.Bayer am 29. March 2008 um 19:37Wieso widersetzen wir Menschen uns unausweichlichen Veränderungen? Dieser Widerstand scheint eine der Konstanten im menschlichen Leben zu sein. 1995 hat Efrat Goldratt [1] während ihres Psychologiestudiums in Israel ein Modell entwickelt, ein TOC-Konfliktlösungsdiagramm, das Anwender der Theory of Constraints als „Efrats Wolke“ kennen [2].
Goldratt ging davon aus, dass die Leute in ihrem Leben glücklich sein wollen. Dafür suchen sie sowohl Sicherheit und Zufriedenheit.
- Die Sicherheit ist vor allem abhängig von der Erfüllung der drei unteren Stufen der Maslowschen Bedürfnispyramide: Körperliche Bedürfnisse, physische Sicherheit und soziale Beziehungen. Menschen möchten, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
- Die Zufriedenheit kommt aus den zwei oberen Stufen der Pyramide: Soziale Anerkennung und Selbstverwirklichung. Goldratt sah sie als Ergebnis aus dem Erfüllen herausfordernder Aufgaben. Je größer die Herausforderung, desto größer die Zufriedenheit, wenn sie gemeistert wird.
Je mehr die unteren Stufen der Pyramide erfüllt sind, desto wichtiger werden die oberen. Goldratts Punkt ist, dass die beiden Ansprüche Sicherheit und Zufriedenheit zu einem Konflikt führen:
Efrats Wolke geht an den Kern der Schwierigkeiten, den die Menschen mit Veränderungen in ihrem privaten und beruflichen Umfeld haben. Das Dilemma dahinter führt bei vielen Leuten zu Verunsicherung und Unentschlossenheit, zu gestiegenen Widersprüchen zwischen dem, was sie denken und sagen (espoused theory) und dem, was sie konkret tun (theory in use).
Veränderungsinitiativen in Unternehmen müssen dieses Dilemma aufgreifen. Das Dilemma zeigt auch, was Führungskräfte alles richtig und falsch machen können, wenn es um Veränderung geht. Hier einige Beispiele:
richtig | falsch |
Erkläre, warum Veränderung nötig ist, was geändert werden soll und wie die Veränderung vonstatten gehen soll. | Erkläre, dass etwas verändert werden muss, aber lasse das Ziel und die Schritte dazu im unklaren. |
Stelle Regeln auf, die erklären, welche Auswirkungen die Veränderung auf den Einzelnen hat. | Lasse die Auswirkungen der Veränderung auf den Einzelnen im unklaren. |
Erarbeite mit den Leuten einen Plan, der zeigt, welcher Weg gegangen werden soll. | Überlasse die Leute bei der Veränderung sich selbst. |
Schaffe Beispiele und Experimente, die die Veränderung erfahrbar machen. | Fordere flächendeckende Veränderung ohne konkrete Beispiele und Experimente. |
Zeige dabei, dass Fehler und Lernen erforderlich sind. | Werfe anderen Leuten Fehler und Unwissenheit vor. |
Zeige, welche Möglichkeiten und Herausforderungen sich durch die Veränderung für die Leute ergeben. | Fordere Veränderung ohne den Leuten Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. |
Efrats Wolke zeigt, dass Veränderung zentral von den Führungskräften abhängig ist. Veränderung muss geführt und kann nicht „gemanagt“ werden. Das Dilemma erklärt auch, warum sich die Leute mit Veränderung unterschiedlich schwer tun und ist daher eine gute Ergänzung zu Fukudas Parabel.
am 11. December 2009 um 23:33 Uhr.
Clark Ching hat Efrat Goldratt berühmtes Papier „Embracing Change vs. Resistance to Change – The causes of the conflict” auf Flickr.