Die Lebendigkeit der TOC

Paul.Bayer am 21. June 2011 um 18:52

Im zweiten Teil der TOCICO-Konferenz der TOC Anwender 2011 in Palisades (NY) habe ich fünf Vorträge gehört, die ich für besonders bemerkenswert halte:

Persönliche Herausforderungen bei der TOC Umsetzung

Die Einführung der TOC startet immer mit einem Champion, der versucht, die TOC Arbeitsweise in ein Unternehmen zu bringen. Aber eine Veränderung der Denk- und Arbeitsweise findet oft nicht den gewünschten Zuspruch bei Vorgesetzten, Kollegen und Untergebenen. Oded Cohen (Israel), einer der erfahrensten Lehrer und Mentoren in der TOC-Gemeinschaft zeigte die Konflikte, die dabei auftreten. Die Lösung des Konflikts sieht Oded darin, dass der Champion den Skeptikern einen konkreten Nutzen bietet. Das erfordert freilich, dass er deren brennendste Probleme herausfindet. Diese Aufgabe des Champions ist nicht leicht.

Vom TPS zur TOC – ein „Paradigmenwechsel“

Omron ist ein japanischer Hersteller von Medizintechnik. Atsushi Kitabayashi von Omron (Japan) berichtete darüber, was das Unternehmen, vorher ein mehrfach ausgezeichneter Anwender des TPS dazu bewog, 2010 den Schritt zur ganzheit­lichen TOC Anwendung zu gehen. Der Grund lag hauptsächlich in der Tatsache, dass die TOC einfache und entwickelte Lösungen für alle betrieblichen Funktionen bietet und damit eine Synchronisation des gesamten Betriebes ermöglicht. Diese Synchronisation hat Omron eine Performancesteigerung in einem vorher nicht bekannten Ausmaß ermöglicht. Kitabayashi fasst den „Paradigmenwechsel“ so zusammen:

„TOC ist Verbindung – in der Art, wie wir produzieren, hat sich wenig geändert. Verbindung bedeutet:

  • Verbindung zwischen Lieferanten, Produktion und Markt.
  • Verbindung zwischen Vertrieb, Produktion und Entwicklung.
  • Verbindung von den Erfahrungen der Vergangenheit zur Zukunft.“

Die Übergangsperiode bei der TOC Einführung

Bei der Einführung von TOC Lösungen bringen wir ein Produktions-, Multiprojekt- oder Vertriebssystem in einen neuen stabileren Zustand. TOC Lösungen haben eingebaute Mechanismen, um mit natürlichen Schwankungen umzugehen. Aber mit unerwarteten Ereignissen sieht es anders aus. Eli Schragenheim (Israel) sprach deshalb über die Schwierigkeiten der Übergangsperiode, in der sich im System die vorher bekannten Ursache-Wirkungs-Beziehungen auflösen und deshalb Überraschungen auftreten können, weil möglicherweise Annahmen nicht stimmen. Eli empfiehlt deshalb:

„Sorge dafür, dass das Umsetzungsteam sich hinsetzt und seine Erwartungen aufschreibt, was in der Übergangsperiode passieren wird, besonders was schief gehen kann und wie wir es entdecken können. Dann passe darauf auf, beobachte es und achte auf unvorhergesehene Ereignisse.“

Das Konfliktlösungsdiagramm

Das wichtigste Werkzeug im TOC Denkprozess ist die „Wolke“, die den Kernkonflikt eines Systems darstellt und den Übergang in einen neuen Zustand, eine Lösung ermöglicht. Kelvyn Youngman (Neuseeland) hat einen der wichtigsten Vorträge der Konferenz gehalten, der ein neues systematisches Verständnis und eine feinere und erweiterte Anwendung des Konfliktlösungsdiagramms ermöglicht. Kelvyn hat typische Konfliktmuster herausgearbeitet und zeigte, dass sie eine Systemhierarchie über drei Ebenen beinhalten.

Hierarchie im Konfliktlösungsdiagramm

Beide Systeme B und C sind notwendig zum Funktionieren von System A. B ist aber ein Subsystem von C. Der Konflikt tritt auf, wenn diese Systeme und Subsysteme nicht genügend integriert sind und gegensätzliche Voraussetzungen erfordern. Z.B. hat sich System C entwickelt, während sein Subsystem B diese Entwicklung nicht mitgemacht hat. Wenn wir eine Lösung für den Konflikt der unterschiedlichen Funktionsweise von B und C finden, wird das Gesamtsystem A besser funktio­nieren und sein Ziel besser erreichen können.

Weniger Änderungen in der Produktentwicklung

Andy Watt von Levee LLP (GB) stellte ein neues Werkzeug vor, mit dem man die Änderungen während der Produktentwicklung deutlich (um 50%) reduzieren kann. In Unternehmen mit internen Projekten zur Produktentwicklung werden die Lauf­zeiten oder die Produktreife zum Projektabschluss durch viele Änderungen oft stark beeinträchtigt. Eine Verkürzung der Projektlaufzeiten etwa mit CCPM erfor­dert deshalb zunächst eine Reduzierung der Änderungshäufigkeit. Eli Goldratt hatte die Hypothese aufgestellt, dass eine systematische Verständigung im Mana­gement zu einem deutlichen Rückgang der Änderungen führen würde. In der Zusammenarbeit mit einigen Unternehmen hat Levee einen einfachen Frage­katalog und Prozess entwickelt, der diese Verständigung ermöglicht und auch die erwarteten Resultate liefert. Der Prozess wurde in mehreren britischen Unter­nehmen verschiedener Industriezweige erfolgreich angewandt und fand beim Management großen Zuspruch.

Das breite Spektrum der Vorträge zeigt die Reichhaltigkeit in Umfang und Tiefe, die die Theory of Constraints mittlerweile angenommen hat und den praktischen Nutzen, den man durch ihre Anwendung gewinnt. Die Theory of Constraints ist lebendig und entfaltet sich durch die Beiträge ihrer Anwender.

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