Die Zehnerregel

Paul.Bayer am 19. August 2010 um 16:56

Letzes Jahr hörte ich in Tokio einen interessanten Vortrag von Suehiro Nakamura, einem früheren Sony Vizepräsidenten. Eine seiner Folien behandelte die Erfahrung Sonys unter Akio Morita, einem der Firmengründer, dass sich die Aufwände, um ein Produkt zu kapitalisieren, von Stufe zu Stufe des Produkt­entstehungsprozesses verzehnfachen.

Sonys drei Schritte der kreativen Kozeption

Ableitungen dieser Regel sind die bekannte Darstellung der Fehlerkosten oder die Faustregel im Marketing, dass man 1000 Leute ansprechen muss, um 100 Gespräche zu führen, um davon 10 Kunden zu gewinnen.

Im Kern handelt es sich um einen exponentiellen Anstieg der Aufwände über die Stufen des Idea-to-Offer-Prozesses. Solche nichtlinearen Wirkungen lassen sehr leicht große Hindernisse (Constraints) entstehen oder bieten andererseits große Möglichkeiten für Hebelwirkungen:

  • Die Aufwände zur Vermarktung eines neuen Produkts oder Startups werden leicht unterschätzt. Oft müssen enorme Ressourcen in Zeit, Kapital, Leuten … vorgehalten werden, um eine anfänglich kleine Idee auf den Markt zu bringen. Viele Startups scheitern an diesem Hindernis.
  • Diesen Prozess früh zu planen und zu berücksichtigen, ermöglicht enorme Hebelwirkungen. Je früher im Produktentstehungsprozess intelligente Vor­kehrungen für die nächsten Schritte getroffen werden, um so mehr lassen sich die Aufwände in den nächsten Schritten reduzieren.
  • Ein Unternehmen, das die Rate der zunehmenden Aufwände (z.B. 1:10) reduzieren kann, erreicht große Wettbewerbsvorteile am Markt. Deswegen hat zum Beispiel Zeitwettbewerb, also die Fähigkeit schneller zu entwickeln, zu liefern und zu vermarkten eine so starke Wirkung. Deswegen haben qualitativ sehr hochwertige Produkte am Markt eine starke Wirkung. Diese und ähnliche Strategien reduzieren den Exponenten der zunehmenden Aufwände.
  • Hochwirksame Marketing-Strategien wie das NFS, (Nachfrage-Sog-System) zielen auf diesen Constraint des Vermarktungsaufwands.
  • Unternehmen oder Technologien, die es anderen ermöglichen, die Aufwände von Stufe zu Stufe zu reduzieren, lösen ein brennendes Problem und bieten ihren Nutzern einen sehr interessanten, fast unwiderstehlichen Service. [1]

Fazit: die Prozesse ganzheitlich, strategisch und engpassfokussiert zu gestalten eröffnet viel größere Möglichkeiten als da und dort in lokalen Prozessschritten den letzten Cent herauszuquetschen. Unternehmen, die die Kreativität ihrer Mitarbeiter aktivieren können, um die Constraints zu überwinden, können große Vorteile erzielen.

[1]
Die Internetvermarktung von Software (z.B. im Apple-Store) hat einen großen Constraint für Software-Startups entfernt, neue und einfachere Möglichkeiten für Absatzkanäle eröffnet. Für die Startups, aber auch für die Anbieter dieser Services (Apple) entstand eine „Goldgrube“. Gleichzeitig fielen die Preise der so vermarkteten Software. Das war ein WIN-WIN-WIN – unaufhaltsam.

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