Engpass und Constraint
Paul.Bayer am 22. June 2010 um 17:48Bei seinem Upgrade für die TOCICO 2010 sagte Eli Goldratt, dass ein Bottleneck nur ein besonderer Fall eines Constraints ist:
„Die meisten Leute denken über Constraint als Bottleneck wenn sie die fünf Fokussierungsschritte anwenden. Das beschränkt ihr Verständnis der fünf Fokussierungsschritte.“
Den Unterschied zwischen Constraint und Bottleneck kann man leicht an einem Produktionsumfeld verdeutlichen:
- Der Engpass oder das Bottleneck ist diejenige Ressource mit der geringsten Kapazität im Produktionssystem. Das Bottleneck beschränkt den Durchsatz durch das System.
- Die Durchlaufzeit der Aufträge durch das Systems wird durch den Umlaufbestand bzw. die offenen Aufträge bestimmt. Sie folgt Littles Gesetz mit MLT = WIP * CT (MLT: Durchlaufzeit, WIP: Umlaufbestand, CT: Zykluszeit). Littles Gesetz begrenzt also die Durchlaufzeit. Hier haben wir es ebenfalls mit einem Constraint zu tun.
- Die Instabilität im System bzw. der Aufwand, den Fluss durch das System zu erhalten, wird durch die U-Kurve bestimmt. Die U-Kurve entsteht aus den beiden ersten Mechanismen: wenn zu wenig Umlaufbestand im System ist, ist das Bottleneck immer wieder unversorgt. Sind zu viele offene Aufträge im System, nehmen die Warteschlangen und daher auch die Unterbrechungen, Stockungen und Durchlaufzeiten zu. Die Stabilität im System wird nach oben und unten durch die Anzahl der offenen Aufträge begrenzt (constrained).
- Die vorhandene Variation und die Wahrscheinlichkeit von Unterbrechungen andererseits hat einen wesentlichen Einfluss auf die Form der U-Kurve.
- Kommen wir in die Grenzen der U-Kurve, ist sehr viel Managementattention erforderlich, die aber nur beschränkt vorhanden ist. Die durch ein instabiles System gebundene Managementattention fehlt an anderen Stellen im Unternehmen, z.B. für Verbesserung.
Constraints sind also …
- nicht immer Ressourcenbeschränkungen (Engpässe oder Bottlenecks),
- durch Abhängigkeiten miteinander verbunden,
- oft nichtlinear,
- oft bedingt und situationsabhängig,
- unterschiedlich für verschiedene Kriterien eines Systems (z.B. Durchlaufzeit und Durchsatz).
Constraints limitieren ein System und die Abhängigkeiten innerhalb des Systems. Sie beschreiben aber gleichzeitig seinen Arbeitsbereich und kanalisieren daher seine Möglichkeiten und seine Entwicklung. Constraints erfordern und erzwingen Innovation, wenn wir die Leistung eines Systems über die bestehenden Grenzen hinaus verbessern wollen.
Engpass- oder Constraintsmanagement
Dieses Verständnis von Constraints ist komplexer und weitgehender als die traditionelle Sichtweise des Engpassmanagements, die nur auf Ressourcenbeschränkungen achtet. An dieser Stelle geht die Theory of Constraints auch deutlich über die engpasskonzentrierte Strategie (EKS) hinaus. Für die TOC Anwender ist es wichtig, ihr Verständnis von Constraints zu vertiefen.