Strategie und Taktik des Wandels

Paul.Bayer am 18. November 2009 um 12:30

Mit diesem Bericht von der 7. internationalen TOCICO-Konferenz in Tokio möchte ich weitere Aspekte von S+T-Bäumen, von Strategie und Taktik des Wandels behandeln.

Wie einen S+T-Baum entwickeln?

Der S+T-Baum beantwortet die Frage: Wie die Veränderung bewirken? Bevor also ein S+T-Baum geschrieben werden kann müssen die ersten zwei Fragen sauber und schriftlich beantwortet sein: 1) Was soll verändert werden und 2) Wo soll die Veränderung hinführen.

Dafür eignet sich der TOC-Denkprozess:

  1. Analysiere und beschreibe die Istsituation mit einem Gegenwartsbaum (CRT). Beschreibe die Kernkonflikte mit der Konfliktwolke (CRD).
  2. Beschreibe die angestrebte Sitution nach dieser Konfliktlösung mit dem Zukunftsbaum (FRT).
  3. Beschreibe die Hindernisse, die uns davon abhalten, diese Zielsituation zu erreichen.

Goldratt sagt, dass nach dieser ausführlichen Analyse die Entwicklung des Strategie+Taktik-Baums kein Problem mehr darstellt. Der S+T-Baum ersetzt also den Voraussetzungsbaum (PRT) des bisherigen TOC-Denkprozesses.

In den letzten Jahren wurden für eine Reihe von Fällen S+T-Bäume entwickelt, die übernommen oder angepasst werden können. Diese S+T-Bäume befinden sich in der Public-Domain [1]. Aber für die meisten Fälle von Unternehmen existieren keine S+T-Bäume. Sie müssen also neu entwickelt werden. Die Entwicklung eines S+T-Baumes ist also meist wie der Wandel auch eine Reise ins Neuland. Da dabei Schritt für Schritt neues Terrain beschritten werden muss, wird der S+T-Baum iterativ und diagonal schrittweise verfeinert.

Schrittweises Entwickeln eines Strategie+Taktik Baumes

Voraussetzungen für den Wandel

Goldratt versucht mit seiner Theory of Constraints Unternehmen beim Aufbau einer entscheidenden Wettbewerbsposition zu helfen. Er blickt auf seine Erfahrungen zurück und fragt, welche Regeln es dafür gibt. Die einzige Regel, die er finden konnte ist, dass jede Firma, die sich zu einer Umsetzung von TOC entschieden hat, einen internen Champion hatte. Daraus resultieren zwei Fragen:

  1. Können wir Champions erschaffen? Was gehört dazu, dass jemand bereit ist, ein persönliches Risiko einzugehen, um Champion zu werden?
  2. Wie kann das Risiko verringert werden und die Chance für Erfolg erhöht werden? Goldratt beziffert die bisherige Erfolgschance für Champions auf eins zu zwanzig. Kaum ein Wunder, dass nur wenige Manager ein solches Risiko eingehen. Champions benötigen:
    1. einen ausreichenden Überblick und eine Wertschätzung der Möglich­keiten und Wirkungen der Theory of Constraints,
    2. ausreichend Unterstützung im Unternehmen,
    3. eine klare und gültige Roadmap.

Die „Gestalt“ der Theory of Constraints

Ein Champion benötigt, um in Aktion zu treten, ein Bild von der „Gestalt“ der TOC. Goldratt gebraucht diesen Begriff. Ein Champion entwickelt dieses Bild indem er lernt, die TOC von verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Auf einem mehrtägigen Seminar versucht Goldratt Managern diese „Gestalt“ zu vermitteln. Er behandelt dabei Themen so unterschiedlich wie:

  1. Die Größenordnung und Geschwindigkeit möglicher Verbesserungen in Produktion, Vertrieb und Projekten,
  2. die finanziellen Kenngrößen für Durchsatz, Bestand und Betriebsausgaben,
  3. die Fähigkeit der TOC, einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung zu erreichen,
  4. das detaillierte vorhandene Wissen in allen genannten Bereichen, um Unter­nehmensbereiche durch die erforderlichen Paradigmenwechsel zu leiten,
  5. der logische Rahmen, mit dem Unternehmen die Märkte, in denen sie operieren besser verstehen,
  6. was veranlasst die Leute, sich auf bestimmte Weise zu verhalten – das Konzept der Motoren der Disharmonie,
  7. die Bedeutung guter Planung – der Strategie+Taktik-Baum,
  8. das Ziel der TOC für die Unternehmen, eine anhaltend gedeihende Kultur zu erreichen.

Nach einer ausführlichen Behandlung von 5 oder 6 dieser Fragestellungen fangen die Leute an, die Zusammenhänge zu sehen und die „Gestalt“ der TOC zu erkennen.

Arten des Wandels

Ohne einen perfekt passenden Strategie&Taktik-Baum kann man ein Unternehmen nicht zum Wandel bewegen.

Hier gibt es vier unterschiedliche Fälle von steigendem Schwierigkeitsgrad:

  1. Einer der Standard Strategie+Taktik-Bäume [1] passt perfekt.
  2. Die Standard Strategie+Taktik-Bäume müssen angepasst werden.
  3. Es existiert kein Strategie+Taktik-Baum. Er muss neu entwickelt werden. Das ist für die meisten produktorientierten Unternehmen der Fall.
  4. Große Unternehmen verlangen zusätzlich einen Erfolgsnachweis in Form eines Pilotprojekts für einen Unternehmensbereich bevor sie bereit sind, sich auf diesen Weg zu begeben. Über einen der Funktionsbereiche kann in großen Unternehmen ein ganzheitlicher Wandel in der Regel nicht erreicht werden.
[1]
Die Standard Strategie+Taktik-Bäume (für Reliable Rapid Reponse, Projekt­management, Distribution …) enthalten ein riesiges Umsetzungs­wissen, werden mit dem Harmony-Expertensystem mitgeliefert und können damit betrachtet und bearbeitet werden. Die Viewerversion des Harmony­systems ist frei, erlaubt aber kein Abspeichern.

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