Harmonie

Paul.Bayer am 16. November 2009 um 22:54

Weiter mit dem Bericht von der 2009 TOCICO Konferenz in Tokio: Wohl kaum ein Konzept der Theory of Constraints ist noch so wenig verstanden wie das der Harmonie. Es entspricht dem japanischen Konzept von „Wa“. Im Westen denkt man, Harmonie bedeutet, Kompromisse zu schließen.

Reddot Online beschreibt dagegen:

Das traditionelle japanische Prinzip der Harmonie, „Wa“, will verschiedene Werte, verschie­dene Menschen, verschiedene Standpunkte, gegensätzliche Positionen verbinden und auf einer höheren Ebene vereinen.

In dieser Sicht ist der nebenstehende Wurf durch Gozo Shioda ein Beispiel perfekter Harmonie. Shioda hat einen Angriff durch einen perfekt getimten minimalen Gegenstoß umgewandelt.

Goldratt wurde mit „Wa“ konfrontiert als er bemerkte, dass japanische Unter­nehmen die größere Harmonie und verbesserte Zusammenarbeit als den eigent­lichen Erfolg ihrer Arbeit mit TOC-Konzepten präsentierten. Dabei lernte er, dass die japanischen Manager Ergebnisse durch die TOC nicht für nachhaltig hielten, wenn sie nicht auf mehr Harmonie in ihren Unternehmen beruhten.

In der Auseinandersetzung mit diesem Konzept lernte Eli Goldratt, dass es nicht genügt, nur die quasi-physikalischen Kernkonflikte in den Unternehmen zu lösen, sondern man muss sich auch um die Fülle der individuellen Konflikte kümmern. Das systematische Lösen dieser Konflikte kann die Friktion in den Unternehmen so stark reduzieren, dass sie nachhaltig zu einem neuen Leistungsniveau gelangen. Umgekehrt sind individuelle Konflikte, Demotivatoren, Unklarheiten und Wider­sprüche große Hindernisse für eine nachhaltige Performancesteigerung.

Motoren der Disharmonie

In seiner Auseinandersetzung mit diesem Umstand identifiziert Eli Goldratt fünf „Motoren der Disharmonie“ in den Unternehmen:

  1. Die meisten Mitarbeiter wissen nicht wirklich, wie wichtig ihre Arbeit für die Organisation ist.
  2. Die meisten Mitarbeiter wissen nicht, wie wichtig die Arbeit vieler ihrer Kollegen für die Organisation ist oder wenigstens welchen Beitrag sie leisten.
  3. Die Leute sind bei ihrer Arbeit Konflikten und Widersprüchen ausgesetzt.
  4. Viele Mitarbeiter müssen Arbeiten ausführen, für die es keinen Grund mehr gibt. Die Leute haben genügend Intuition, das zu spüren, aber nicht immer genügend Intuition, um ihre Vorgesetzten davon zu überzeugen.
  5. Viele Mitarbeiter sind für etwas verantwortlich, das sie nicht beeinflussen können.

Goldratt fragt, welche Leistungssteigerungen möglich wären, wie sich Fluss, Klima, Initiative und Motivation verbessern würden, gelänge es, diese „Motoren der Disharmonie“ systematisch zu beseitigen. Ein solcher Prozess verlangt, dass die systematische Konfliktlösung der TOC in den Unternehmen breitere Anwendung findet.

Ich bin im Moment noch skeptisch, ob das japanische Konzept der Harmonie im Westen überhaupt verstanden werden kann. Eli Goldratt meint dazu, dass eine gewisse organisatorische Reife erforderlich ist, um mit diesen Konzepten zu arbeiten. Solange Kernkonflikte und Instabilitäten das Tages­geschäft bestimmen ist mit „Harmonie“ in der Tat kein Blumentopf zu gewinnen.

Bleibt also die Aufgabe, die Stufen der Umwandlung einer Organisation besser zu verstehen und zu beschreiben. Wann kann welches Konzept verstanden und eingeführt werden? Welche Voraussetzungen sind dafür erforderlich? Dafür wurde in den letzten Jahren der Strategie&Taktik-Baum entwickelt.

Dazu mehr in den nächsten Beiträgen.

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