Zwei Lernschleifen

Paul.Bayer am 8. November 2009 um 19:44

In einem älteren (freien) Artikel im Systems Thinker beschreibt Brian Hinken den Lernprozess von Personen und Organisationen als einprägsames Diagramm:

Zweischleifiges Lernen (Double-Loop-Learning)

Lernen findet statt, wenn die Ergebnisse von den Erwartungen abweichen:

  1. Wir beobachten diese Ergebnisse und denken über mögliche Korrekturmaß­nahmen nach.
  2. Wir bewerten diese Ideen und
  3. setzen sie in Aktionspläne um.
  4. Dann implementieren wir diese Aktionspläne.

Das kennt jeder. Was aber, wenn sich die Ergebnisse nicht verbessern? Dann kann dieser Zyklus, das Lernen erster Ordnung immer wieder wiederholt werden oder wir finden einen Schuldigen für diese Misere. Aber dadurch werden die Ergebnisse nicht besser. Wir können natürlich das System oder die Ergebnisse verfälschen, um aus der Sache gut rauszukommen.

Wirklich verbessern wird sich aber die Situation nur durch Lernen zweiter Ordnung, also wenn wir

  1. die Erwartungen und Annahmen hinter unseren bisherigen Lösungsan­sätzen in Frage stellen und aus dieser Reflexion
  2. systematisch neue Erwartungen und Annahmen entwickeln.

Das ist nicht leicht und erfordert Disziplin. Beim Lernen zweiter Ordnung werden starke Fragen gestellt, die sonst im Strudel der alltäglichen Ereignisse nicht gestellt werden: Warum können wir mit unseren bisherigen Lösungen diese Ergebnisse nicht erreichen? Warum haben wir geglaubt, dass sie die erwarteten Ergebnisse bringen können? Was war richtig, was war falsch an diesen Annahmen? Warum sind uns diese Ergebnisse so wichtig? Was möchten wir damit erreichen? Wie können wir es besser machen? …

Deswegen liegt der Schlüssel zu deutlichen Verbesserungen und zu Innovationen in der Fähigkeit einer Person oder Organisation zum Lernen zweiter Ordnung. Das Lernen zweiter Ordnung ist nichts anderes als die wissenschaftliche Methode.

Der Wert der wissenschaftlichen Methode

Exzellente Organisation fördern nicht nur deshalb den Einsatz der wissenschaft­lichen Methode, weil sie bessere Ergebnisse liefert, sondern, weil sie die einzige Möglichkeit ist, um ein Festfahren im Zyklus von falschen Vorgehensweisen und Schuldzuweisungen zu vermeiden. Sie gibt einer Organisation die Möglichkeit, sich selbst immer wieder neu zu erfinden und höhere Leistungsstufen zu erreichen.

Lebensfähigkeit und Lernen zweiter Ordnung

Solange Unternehmen ein Klima der Angst und der Schuldzuweisungen pflegen, wird das Lernen zweiter Ordnung kaum stattfinden. Unternehmen und Personen bleiben in ihren gegenwärtigen Praktiken und Annahmen gefangen. Und eine deutliche Leistungssteigerung und schnelle Anpassung an veränderte Verhälnisse kann nicht stattfinden.

Lernen zweiter Ordnung erfordert ein Klima des Hinterfragens und der Partizipation. Exzellente Unternehmen fördern gezielt Lern- und Reflektions­prozesse zweiter Ordnung und dämpfen den Einsatz von Abwehr- und Schuldzuweisungsroutinen. Die Fähigkeit zum Lernen zweiter Ordnung ist überlebensnotwendig. Ein Unternehmen kann diese Fähigkeit nur entwickeln, wenn sie im Management vorgelebt wird.

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