Gier: Ursache oder Symptom?

Paul.Bayer am 20. September 2009 um 08:59

In diesen Tagen treffen sich die G20 und diskutieren über die Gier von Managern als Ursache der Wirtschaftskrise. US-Präsident Obama bezeichnete die Gier einiger Manager als Sicherheitsrisiko. Sicher benennt diese Diskussion einen wichtigen Punkt. Was daran aber bestürzt, ist die Unfähigkeit der Politik und der Öffentlichkeit, die Zusammenhänge zu erkennen und anzugehen. Deswegen möchte ich hier meine zwei Cent dazugeben.

Im alten Testament wird die Geschichte vom goldenen Kalb berichtet. Der Buddha hat vor 2500 Jahren Gier, Hass und Verblendung als die drei Gifte der menschlichen Gesellschaft bezeichnet. Es ist immer wieder zu „Exzessen“ auf diesen Feldern gekommen, besonders dann, wenn eine Gesellschaftsform vor ihrem Niedergang stand. Die Geschichte ist voll von solchen Beispielen. „Exzesse“ von Gier der führenden Schichten erscheinen in historischer Perspektive als Symptome kranker Gesellschaftsformen.

Unsere Gesellschaft in den Industrieländern ist auf hemmungslosem Konsum aufgebaut. Gier ist nur ein anderes Wort dafür. Exzessive Managergehälter erscheinen eher als Konsequenz dieses Systems denn als „Exzess“.

Zum dritten wurde in den letzten Jahrzehnten der „Shareholder-Value” zum Zweck des Wirtschaftens erhoben. In dieser Philosophie haben die Manager die Aufgabe, den Profit zu maximieren. Eine Generation von Managern wuchs mit dieser Orientierung auf. Hemmungslos wurden Unternehmen ausgeblutet, Bilanzen geschönt, Macht und Reichtum der Eliten offen verehrt, vermehrt und vorgeführt. Die Kundeninteressen sind dabei immer mehr aus dem Fokus des Wirtschaftens geraten. Das System der Industrieländer basiert aber auf Massenkonsum, gemeinsamer Teilhabe, „sozialer Marktwirtschaft“. Shareholder-Value, globale Finanzmärkte und globale Konkurrenz zersetzen dieses System von innen heraus.

Können die Politiker diese Punkte wirklich offen ansprechen und gegensteuern ohne um ihre Popularität zu fürchten? Mehr Regulation erscheint ihnen als einfacherer Weg: „Die Politiker tun was!“ So geht aber der Tanz ums goldene Kalb weiter – nur etwas gedämpfter.

Kann eine neue Wirtschaftslogik, basiert auf Kundenorientierung und Qualität, Teilhabe und Kooperation, Nachhaltigkeit und Lernen entwickelt werden ohne die Shareholder-Orientierung wirklich in Frage zu stellen? Müssen nicht die Ziele des Wirtschaftens neu bestimmt werden? Wäre es nicht Aufgabe der Politik, hier einen neuen Konsens zu organisieren? Geht das mit den derzeitigen Eliten?

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