Fokus

Paul.Bayer am 16. November 2009 um 19:30

In einer Serie von Artikeln über die Theory of Constraints berichte ich von der internationalen TOCICO-Konferenz in Tokio.

Eli Goldratt gab uns ein „Update“. TOC ist für ihn eine Entdeckungs­reise. Mit seinem „Update“ lässt er uns an seinen neuesten Erkenntnissen teilhaben.


Was ist die Theory of Constraints?

In Vorbereitung der Einführung zu einem bald erscheinenden Handbuch der Theory of Constraints hat Goldratt versucht, eine knappe Zusammenfassung der TOC zu geben. Er kondensiert die TOC auf ein Wort: Fokus. Von diesem zentralen und einfachen Konzept leiten sich alle anderen Konzepte der Theory of Constraints ab. Fokus bedeutet zunächst, das zu tun, was getan werden sollte. Das erfordert eine klare Vorstellung davon, was getan werden sollte und was nicht getan werden sollte.

Goldratt erinnert an Paretos 80-20-Regel, die für weitgehend unabhängige Elemente eines Systems behauptet, dass 80% der Wirkungen von nur 20% der Elemente bewirkt werden. Aber in Organisationen sind die Abhängigkeiten und Variationen hoch.

Wenn wir Paretos Worte benutzen, könnten wir sagen, dass in Organisationen 0,1% der Elemente 99,9% der Ergebnisse bestimmen.

Die TOC betrachtet ökonomische Systeme, Unternehmen als Flusssysteme. Unter dem Gesichtspunkt des Flusses oder Durchsatzes in den Operations hat Goldratt 1984 mit seinem Bestseller „Das Ziel“ gezeigt, dass man die Aktivitäten zur Prozess­verbesserung auf den Engpass konzentrieren muss.

Hier liegt oft ein Missverständnis: sich auf den Engpass zu konzentrieren bedeutet nicht, dass alles andere unwichtig ist! Die Nicht-Engpässe zu vernachlässigen kann dazu führen, dass der Engpass nicht versorgt oder beeinträchtigt wird. Vielmehr müssen die Nicht-Engpässe durch den Engpass gesteuert, ihm unter­geordnet werden. Das ist einer der wichtigsten Schritte der Konzentration auf den Engpass.

Von Engpässen zu Einschränkungen

Mit der Erweiterung der TOC auf weitere Bereiche wie Projektmanagement und Distribution war es nötig, das Konzept der Engpässe oder Bottlenecks durch ein allgemeineres Konzept zu ersetzen: durch das der Einschränkungen oder Constraints. Schließlich kann auch eine falsche Regel zu einer gravierenden Einschränkung für den Durchsatz eines Unternehmens werden.

Nehmen wir die Kostenrechnung: sie fördert die (Über-) Produktion an Nicht-Engpässen, führt zu lokalen Effizienzen, zu Multitasking an Engpässen und steht einer Erweiterung eines Engpasses im Wege. Die Vorschläge der TOC zur Vermeidung von Überproduktion an Nicht-Engpässen waren daher der Kostenrechnung diametral entgegengesetzt. Die Regeln der Kostenrechnung werden selbst zu Einschränkungen und mussten in der TOC durch die Durchsatz­rechnung ersetzt werden.

Mit der Erweiterung der TOC war es erforderlich, ein universelleres Analyse­werkzeug zu entwickeln, mit dem der Fokuspunkt gefunden werden konnte. So entstand der TOC-Denkprozess. Goldratt erinnert hier an die „fünf Warum“ von Taiichi Ohno. Der Denkprozess ist für die Theory of Constraints, was die fünf Warum im Toyota Produktionssystem sind. Er ermöglichen einen systematischen Fokus auf die Kernkonflikte, vermeidet das Herumdoktern an Symptomen.

Der entscheidende Wettbewerbsvorsprung

Die nächste Stufe in der Entwicklung der Theory of Constraints war die Einsicht, dass für die meisten Unternehmen die Haupteinschränkung im Markt liegt. Das bedeutet, dass sich die Unternehmen auf das Schaffen und Ausbauen eines entscheidenden Wettbewerbsvorsprungs konzentrieren müssen.

Ein entscheidender Wettbewerbsvorsprung bedeutet, die Kunden­bedürfnisse auf eine Weise zu erfüllen, wie es kein anderer relevanter Wettbewerber kann. … Einen entscheidenden Wettbe­werbsvorsprung auszubauen, bedeutet, die Probleme der Kunden wirklich zu verstehen und sie zu lösen.

Der Fokus auf den entscheidenden Wettbewerbsvorsprung lässt die TOC zum Mitspieler in einer neuen Liga werden: wir finden hier den Fokus auf Qualität der Demingschen Philosophie, den Fokus auf Fluss des Toyota Produktionssystems (TPS), die Engpasskonzentrierte Strategie (EKS) … Das erfordert, einen ständigen Verbesserungsprozess zu entwickeln und den Konflikt von Veränderung und Stabilität zu überwinden.

Goldratt führt aus, dass es nur wenige Unternehmen beherrschen, einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung zu nutzen und auszubauen. Das entscheidende Hindernis, die Einschränkung dabei ist, dass es notwendig ist, ein Unternehmen ganzheitlich zu führen, um einen entscheidenden Wettbewerbs­vorsprung wirklich zu bewahren und auszubauen. Das war die nächste Frage, die sich Goldratt stellen musste: wie kann man ein nachhaltig gedeihendes Unternehmen werden [1]?

Diese Frage bestimmt die aktuellen und neuen Entwicklungen der TOC. Dazu mehr im nächsten Beitrag.

[1]
orig.: become an ever flourishing company.

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