Die fünf Warum III

Paul.Bayer am 19. November 2007 um 16:52

Wann kommen die „fünf Warum“ [1] zum Einsatz, welche Rahmenbedingungen sind dabei wichtig und was gibt es sonst noch zu sagen?

Der Problemlösungstrichter

Bevor wir mit Warum-Fragen beginnen müssen wir erst das eigentliche Problem verstehen. Erst dann können wir das Problem wirksam hinterfragen und lösen. Deswegen sagt man, dass ein klar definiertes Problem schon halb gelöst ist.

Beispiel: Für eine Verschraubung werden Schrauben von zwei verschiedenen Herstellern verwendet. Bei den Verschraubungen mit Typ B wird die Eingriffsgrenze für das Torsionsmoment immer wieder überschritten. Bei der Überprüfung der Schrauben von B läßt sich nichts feststellen. Weitere Untersuchungen zeigen, dass das Problem immer nur an einer bestimmten Schraubspindel auftritt. Wir haben es mit einer Wechselwirkung der rauen Auflagefläche an einer Verschraubstelle mit den Schrauben von B zu tun.

Der Problemlösetrichter

Aus einem unbestimmten Problem: „Die Schraube B macht immer Probleme“ machen wir in einem Eingrenzungsprozess ein klar definiertes, das hinterfragt und gelöst werden kann. Das Eingrenzen kann mit einem Trichter aus Beobachten und Fragen verglichen werden. Die Fragen bilden dabei den Schwerpunkt und leiten die Beobachtungen an. Ergebnis ist eine klare Problembeschreibung wie zum Beispiel: „Bei rauen Oberflächen über Ra … µ steigt das Torsionsmoment von Schraube B auf Werte zwischen … und … Nm an.“ Jetzt kann die Ursachenanalyse beginnen.

Manchmal wechselt man im Eingrenzungsprozess das Problem. Statt zu fragen: „Warum reagiert Schraube B so empfindlich auf raue Oberflächen?“, kann man hier auch fragen: „Warum sind die Oberflächen so rau?“. Beide Fragestellungen eröffnen Lösungsrichtungen.

Der Eingrenzungsprozess wird auch als „Erfassen der Situation“ bezeichnet. Er ist eine unverzichtbare Voraussetzung für das Anwenden der fünf Warum.

Fragen und Antworten zu den „fünf Warum“

Frage:
Warum sind es genau fünf Warum?
Antwort:
Darauf kommt es nicht so genau an. Fünf sind ein Erfahrungswert, um an die Ursache heranzukommen. Manchmal sind es mehr, manchmal weniger. Es kommt darauf an, die Ursachenkette in mehrere kleine Schritte aufzuteilen.
Frage:
Wieweit soll ich weiterfragen?
Antwort:
Der Sinn der Fünf-Warum-Fragetechnik ist es, die Ursache soweit zu klären, dass man wirksam mit Gegenmaßnahmen ansetzen kann. Es geht nicht darum, den Nobelpreis in Teilchenphysik zu gewinnen. Man muss also auch wissen, wann man aufhören soll. Dieses Wissen kommt aus Erfahrung.
Frage:
Gibt es immer nur eine Ursache?
Antwort:
Nein, manchmal sind es auch mehrere oder eine Wechselwirkung wie im Beispiel der Schraube. Die Erfahrung zeigt aber, dass es meist eine Ursache, selten zwei, sehr selten drei Ursachen gibt. Wenn Leute bei technischen Problemen mehr Ursachen anführen, ist es ein ziemlich sicheres Indiz, dass das Problem noch nicht ausreichend verstanden ist. Russel Ackoff hat festgestellt: „Je weniger wir ein Problem verstehen, umso mehr Parameter brauchen wir, um es zu erklären.“ [2]
Frage:
Wieviel Zeit brauchen wir für die Fünf-Warum-Methode?
Antwort:
Soviel wie nötig. Es kann rasch (weniger als eine Stunde) gehen. Manchmal braucht man mehrere Monate. Es geht immer schneller als wenn man versucht, die Ursache eines komplexen Problems nur durch Probieren zu finden. An Anfang braucht man länger. Deswegen sollte man zunächst an einfacheren Problemen üben.
Frage:
Wie lerne ich die Fünf-Warum-Methode am besten?
Antwort:
Übung macht den Meister. Es ist am besten, an wirklichen Problemen zu arbeiten, die gelöst werden müssen, bzw. die ich selbst lösen muss. Kaizen-Regel 7 sagt: „Weisheit kommt dann, wenn es schwierig wird.“ Das Arbeiten mit der Fünf-Warum-Methode erfordert eine Anstrengung und Konzentration, die unter Seminarbedingungen nur schwer erreicht werden kann.
Frage:
Ist es besser im Team oder alleine zu arbeiten?
Antwort:
Es ist sicher besser im Team zu arbeiten, aber die Verantwortung für die Lösung des Problems liegt bei einer Person. Das Team unterstützt beim Lösen des Problems. Das ist ein Paradox: Es kommt am besten zum gemeinsamen Nachdenken über das Problem, wenn die Verantwortung klar bei einem einzelnen liegt.
Frage:
Was ist die Rolle der Führungskräfte bei den fünf Warum?
Antwort:
Die Führungskräfte müssen immer weiter nachfragen und darauf bestehen, dass die Ursache aufgeklärt wird. Die Führungskraft ist Coach: sie erzeugt Spannung, zeigt aber auch den richtigen Weg auf, um das Problem zu lösen. Dieses Coaching verträgt sich nicht mit der „Quick-Fix“- oder Powerpoint-Mentalität vieler Führungskräfte. Es geht darum, die Erwartung klarzumachen, dass wirklich die Ursache geklärt wird, um das Problem zu lösen. Wenn die Führungskraft nicht selbst Erfahrung in Problemlösung hat, wird es ihr schwerfallen die nötige Unterstützung zu leisten.
Frage:
Wie können die Führungskräfte die fünf Warum lernen?
Antwort:
Ein wichtiger Punkt im TPS ist Jishuken, Management-Selbststudium. Führungskräfte haben sehr viele Möglichkeiten, die fünf Warum auch auf Management-Probleme anzuwenden. Wenn die Mitarbeiter sehen, dass die Führungskraft selbst so arbeitet – und sich dabei bemühen muss –, werden sie selbst eher bereit sein, mit den fünf Warum zu arbeiten. Voraussetzung ist die Mentalität der Führungskrafte, dass an der Art wie wir (d.h. auch sie selbst) arbeiten grundsätzlich etwas verändert werden muss. Kaizen-Regel 1: „Stelle den Ist-Zustand in Frage!“

[1]
vgl. die vorhergehenden Beiträge: Die fünf Warum und Die fünf Warum II
[2]
Russell Ackoff, The Art of Problem Solving.– Wiley 1978, S. 111

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